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Buchveröffentlichung zu
Arno Schmidt

Zu meinem Fotoalbum Bilderreise zu Arno Schmidts »Seelandschaft mit Pocahontas« geht es hier.
Direkt bestellt werden kann es bei epubli.

A.: Warum so ungehalten?
B.: Man kriselt im nahen Osten. Es wehrpflichtet sehr. Die Großmächte poltergeistern. Politikerfräcke fledermausen : es wird wieder einmal Nacht.
A.: Sie glauben nicht an Entwicklung ? Menschheit ? Weltvernunft ?

(Arno Schmidt, 1956)

Zum Tod von Klaus Willbrand, dem spätberufenen Bookfluencer

Es ist erst ein paar Wochen her, als ich auf der Suche nach einem bestimmten Buch das Antiquariat von Klaus Willbrand aufsuchte. Zwar war mir sein neuer Ruhm als „Bookfluencer“ bekannt, aber dies war nicht der Grund, da ich bekanntlich weder Tiktok, noch Insta oder so etwas dergleichen verfolge. Er saß hinter seinem Schreibtisch vor einem Regal mit den großen, schmucken mehrbändigen Ausgaben, die in den Videos viel hermachen, während der unsichtbare Rest seines kleinen Ladens einen eher unscheinbaren, ich möchte fast sagen: unaufgeräumten Eindruck erweckte. Aber das gehört zu einem guten Antiquariat schließlich dazu. Gegenüber einem Besuch einige Wochen zuvor, wo ich in einer Ecke versteckt zwei großformatige Faksimileausgaben von Arno Schmidt entdeckt hatte (nicht ohne einige Kameraleute, die dort mit Drehs beschäftigt waren, bitten zu müssen, mir Platz zu machen) und kaufte, sah er jetzt sichtlich mitgenommen aus. Die Haare etwas schütterer, die Augen eingefallen. Er wirkte müde und abgespannt, wirkte klein. Ich sprach vor:

Ich: „Ich suche eine Ausgabe von Robert Walser.“
Er: „Walser? Im Taschenbuchregal, um die Ecke, ganz unten. Ist alphabetisch.“
Ich schaute nach, kam zurück.
Ich: „Ich suche Robert Walser, nicht Martin."
Er: „Ich war sechs Wochen im Krankenhaus. Seitdem höre ich schlecht. Sie müssen lauter reden.“
Ich (laut): „Oh, das tut mir leid. Ich suche 'Aus dem Bleistiftgebiet' von Robert Walser, nicht von Martin!“
Er (trocken, ein wenig indigniert): „Sie brauchen mich in literarischen Fragen nicht zu belehren.“

Einige seiner Videos habe ich gesehen. Sie sind empfehlenswert. Er hatte die Gabe, Dinge in präziser Sprache auf den Punkt zu bringen. Seine Urteile konnte ich in vielen Fällen nachvollziehen, gerade weil seine Interessen in einem zeitlichen Bereich der Literaturgeschichte lagen, in welchem auch meine Präferenzen liegen.

Ich wünsche seiner stets zuvorkommenden, sehr hilfsbereiten, umtriebigen und freundlichen Entdeckerin und Nachfolgerin Daria Razumovych viel Erfolg und ein gutes Händchen für die hoffentlich rosige Zukunft des Antiquariats.

(30.01.2025)

Warum eine private Homepage?

Damals: Als ich vor über 25 Jahren meine erste Homepage online stellte, war die Aufregung groß. Wie sehr viele andere Menschen auf der ganzen Welt bastelte ich mit HTML eine Seite, verlinkte alles, was ich für sinnvoll und bereichernd hielt, stellte Informationen dar. Bald kamen Bilder dazu und ich fing an meine Homepage mit programmierten Anteilen (Perl, PHP, Java) zu dynamisieren. Es entstanden tausende Vernetzungen über Hyperlinks, lange Lesezeichenlisten, jeder hatte einen Besucherzähler und ein Gästebuch. Dann gab es die ersten thematisch gegliederten Linkverzeichnisse im Netz. Auch Foren entstanden. In Newsgroups tauschte man sich direkt aus, und ein 1-zu-1-Gespräch führte man im dunklen Terminal des IRC-Chat. Ein Abend am Rechner konnte einem die Welt eröffnen. Logins und Accounts auf Webseiten gab es damals nicht. Mein Eindruck war immer gewesen, dass das WWW bewußt so konzipiert war, auf eine Personalisierung dieser Art zu verzichten. Und darin sah ich auch das Gute. Alles war offen mit allem verbunden. Ein spannende Zeit.

Heute rufen wir, wenn es hoch kommt, nicht mehr als fünf verschiedene Monsterportale auf, melden uns an, geben uns preis und suchen innerhalb dieser alles, was wir für die Angebote des WWW halten. Dabei werden wir abgefischt, gelenkt und ausgebeutet, dass sich die Balken biegen. Wir haben unsere informationelle Selbstbestimmung aufgegeben und haben uns den fünf großen Konzernen vollständig ausgeliefert. Wir haben sowieso nichts zu verbergen, sagen wir gern, und tummeln uns weiter munter in Big Brothers Reich. Und wir denken sogar, wir könnten nicht ohne sie auskommen. Eine schreckliche Zeit.

Als im Frühjahr 2024 bekannt wurde, dass Meta (Facebook, Instagram, Whattsapp) beabsichtige, mit den Inhalten seiner Nutzer ihre KI-Maschinen zu füttern (was sie wahrscheinlich längst tun, sonst hätten sie es nicht jetzt bekannt gegeben), habe ich den letzten, längst fälligen Schritt vollzogen, mich von allen „social media“ genannten Plattformen abzumelden und meine Daten löschen zu lassen.

Ich kehre also zurück zur guten alten Homepage. Mir ist klar, dass auch diese Daten zwecks geschäftsmäßiger Ausbeutung abgefetcht werden (ob verschlüsselt oder nicht, spielt keine Rolle, da ich keine personenbezogenen Daten der Besucher verwende), aber immerhin habe ich sie hier noch unter editorischer Kontrolle. Außerdem versuche ich, zu finden, was im Netz so über mich zu lesen ist und es in betreuter Form zu versammeln, damit man keine Suchmaschine bemühen muss, um das Wesentliche über die von mir zu Verfügung gestellten Inhalte zu erfahren.

(Dezember 2024)